Kalkulation Auszug aus dem Buch Baustellenführung
Kalkulation Die Kalkulation im Baugewerbe ist ein Kapitel für sich; abhängig von den Gesetzen der Marktwirtschaft, ist es ein Kapitel der Unterschiede zwischen Theorie und Praxis. Noch nie war die Differenz zwischen normal kalkulierten Offerten und marktgerechten Angebotspreisen so gross wie heute und in den letzten paar Jahren; noch nie lagen die Preise der Aufträge so tief unter den Selbstkosten. Während die Kalkulationslehre für die Vorbereitung der Meisterprüfung einen Umfang von mehreren Bundesordnern aufweist, man die Kalkulation mit EDV auf vier Stellen nach dem Komma rechnet, die Kostenstellen immer noch genauer erfasst und in der Vorkalkulation berücksichtigt werden, klaffen die Preise, welche die Unternehmung theoretisch haben sollte und welche sie bei der Auftragserteilung tatsächlich bekommt, immer weiter auseinander. Was soll da die scheinbare Genauigkeit in der Kalkulation, wo auf Rappen oder Hundertstel Prozent genau gerechnet wird, wenn nachher Rabatte in der Grössenordnung von 10 bis 20 % gewährt werden? Die vorliegenden Ausführungen bilden deshalb keine "Doktorarbeit" in Kalkulation, sondern vermitteln dem Baustellenchef das notwendige Kostenbewusstsein, damit er in der Praxis unternehmerisch denkt. Es ist hier nicht die Meinung, dass der Baustellenchef zu einem "sattelfesten" Kalkulator ausgebildet werden soll. Er muss jedoch die bestmögliche Ausbildung erhalten, um im Qualitätsmanagement die Zusammenhänge von Kalkulation - AVOR - Baustellenorganisation und Rapportwesen zu erkennen. Eine wichtige Grundlage für eine saubere Kalkulation ist ein korrektes Rapportwesen.
Der Baupolier muss für die Erfassung von Leistungswerten und das Festhalten von zusätzlichen, nicht im Devis vorkommenden Leistungen und über den Positionsbeschrieb hinausgehende Aufwendungen sensibilisiert werden.
Unter solchen Gesichtspunkten ist das Ziel dieses Kapitels wie folgt festgelegt: -
Zur Förderung rationeller Arbeitsweisen, kostenbewussten Denkens und Handelns werden dem Baustellenchef Kalkulationsgrundlagen vermittelt. -
Das Wissen über den Einfluss der verschiedenen Kostenfaktoren soll ihn dazu bringen, seine Baustelle nach unternehmerischen Gesichtspunkten zu leiten, Einsparungsmöglichkeiten wahrzunehmen und diese schon bei der Arbeitsvorbereitung zu berücksichtigen.
5.1. Einleitung Mit fortschreitender Entwicklung im Bauwesen kommt der Kalkulation eine immer grössere Bedeutung zu. Je differenzierter und mechanisierter das Bauen wird, umso mehr ist der gewissenhafte Unternehmer darauf angewiesen, sich auf seine Kalkulation verlassen zu können. Die Geschäftsleitung muss genau im Bild sein, auf welcher Basis ein Angebot kalkuliert ist. Sie muss wissen, ob ein Gewinn oder ein Verlust bereits eingerechnet wurde. Unter welchen Gesichtspunkten soll ein Angebot gerechnet werden? Der wichtigste Aspekt einer seriösen Vorkalkulation wird wohl darin bestehen, dem zukünftigen Auftraggeber für die offerierten Preise eine qualitativ einwandfreie Arbeit zu gewährleisten. Der Bauherr soll die Gewissheit haben, dass er für den zu zahlenden Preis den gerechten Gegenwert in Form von fachmännischer Arbeit innerhalb vernünftiger Termine erhält. Die Vorkalkulation hat aber auch zum Ziel, der Unternehmung, unter Ausnutzung aller ihr zur Verfügung stehenden Fachkenntnisse, einen angemessenen Verdienst zu ermöglichen. Nicht kostendeckende Aufträge, die um der Reklame und des Prestiges willen oder um "Löcher zu stopfen" übernommen werden, sind fragwürdig und als Unterangebote abzulehnen. Sie bedeuten eine sinnlose Zerstörung erarbeiteter Werte. Leider wird von verschiedenen Regierungsstellen die Berücksichtigung von Unterangeboten unter dem Titel "Öffnen der Märkte" noch gefördert. Merken sie nicht, dass sie den Preis so oder so bezahlen und sei dies nur durch geringere Steuereinnahmen oder vermehrte Arbeitslosenentschädigungen? Natürlich muss das Angebot in einem reellen und vernünftigen Vergleich konkurrenzfähig sein. | | Damit ein Betrieb über längere Zeit bestehen kann, ist es unumgänglich, dass seine Einnahmen grösser sind als seine Ausgaben. Das heisst: Aus der ganzen Betriebstätigkeit muss ein Gewinn resultieren. | |
In dieser Hinsicht spielt der Baustellenchef, in der Regel der Polier, in der Bauunternehmung eine wichtige Rolle. Er leitet die praktische Ausführung der Baustelle und so hängt das qualitative und finanzielle Ergebnis seiner Baustelle ganz wesentlich von ihm ab. Besonders stark wirken sich dabei sein Organisationstalent, seine Art der Arbeitsvorbereitung und die rationelle Arbeitsausführung aus. Seine Begeisterungsfähigkeit, der optimale Einsatz seiner Mitarbeiter, ein gutes Arbeitsklima und sein Fachwissen dienen der Qualitätssicherung in hohem Masse und tragen wesentlich zum Erfolg bei.
Die Arbeitssicherheit und eine fachlich einwandfreie Arbeitsausführung sind nach wie vor Hauptbestandteile des kostenbewussten Denkens und stehen beim guten Baukader immer an erster Stelle.
Bei vielen Unternehmern zählt nur die positive Bilanz zwischen Aufwand und Ertrag. Dabei übersehen sie oft wesentliche Faktoren, welche im Qualitätsmanagement von Bedeutung, in der Kalkulation aber zahlenmässig nicht zu erfassen sind. | |
Kundenzufriedenheit, eine gute Zusammenarbeit mit der Bauleitung, einwandfreie Qualität, hohe Arbeitssicherheit, Termineinhaltung, optimierte Arbeitsabläufe, Ordnung auf der Baustelle, wenig Verschnitt und Bruch, sauberes Inventar, gutes Arbeitsklima sind Werte, die sich nicht direkt in Franken auswirken, für die Unternehmung aber von unschätzbarem Wert sind. Diese Faktoren sind bei der Qualifikation eines Baustellenchefs und in der Nachkalkulation zu berücksichtigen. | |
Kostenbewusstsein des Baustellenchefs Viele Unternehmer erwarten vom Baustellenchef kostenbewusstes Denken, sind aber nicht bereit, ihm in die Kalkulation und die Kostenrechnung Einblick zu gewähren. In vielen Unternehmungen werden die Einheitspreise der Werkverträge wie militärische Geheimnisse gehütet und oft fehlt in der Polierbaracke sogar ein Regietarif.
Dass unter solchen Umständen der Baustellenchef Ausmassnotizen nicht erstellt, wo es wichtig wäre, Grundpauschalen in Regierapporten nicht aufschreibt und oft überhaupt nicht weiss, wann Arbeiten über den Angebotspreis hinaus geleistet werden, erstaunt deshalb nicht.
Es ist für beide Seiten nur von Vorteil, wenn der Baustellenchef ab und zu beim Ausmessen dabei ist und dadurch einen gewissen Einblick in die Einheitspreise erhält. Auch Informationen über Materialpreise und Diskussionen über Leistungswerte wirken sich positiv aus.
Mehr Transparenz in der Kostenrechnung (Vorkalkulation, Nachkalkulation und Abrechnung) lautet deshalb die Forderung an die Unternehmer, die Baustellenchefs werden es ihnen mit kostenbewusstem Denken lohnen.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen dem unteren Kader Einblicke in die Grundsätze der Kalkulation ermöglichen und es befähigen, nebst dem praktischen Können und fachlichen Wissen auch kaufmännisch zu denken und die Überlegungen des Kalkulators zu verstehen. Zusammenfassung: Es ist wichtig, dass der Baustellenchef Kostenbewusstsein entwickelt, in der Praxis unternehmerisch denkt und Einsparungsmöglichkeiten schon bei der Arbeitsvorbereitung berücksichtigt. Damit ein Betrieb über längere Zeit bestehen kann, ist es unumgänglich, dass er Gewinn erwirtschaftet. Ob eine Baustelle rentiert oder nicht, hängt zum wesentlichen Teil vom Baustellenchef und seinen fachlichen und persönlichen Fähigkeiten ab. Es zählt nicht nur das finanzielle Ergebnis einer Baustelle, sondern auch die gute Zusammenarbeit mit der Bauleitung, Qualität, Arbeitssicherheit, Ordnung, Termineinhaltung, wenig Verschnitt und Bruch, sauberes Inventar und gutes Arbeitsklima. Das Kostenbewusstsein des Baustellenchefs muss geschult werden, z.B. durch Abgabe von Offertformular, Regietarif und wichtigen Lieferantenpreislisten, Gespräche über den Leistungsumfang verschiedener Positionen, über Preise und Kosten und durch die Teilnahme des Poliers beim Ausmessen usw..
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