Menschenführung Auszug aus dem Buch Baustellenführung Bilder aus "Menschenführung im Baubetrieb" von Dr. D.A. Laird und "Die Polierfibel" v. Dr. E. Puntsch, Verlag Moderne Industrie, München 7.1. Einleitung zur Personalführung Es ist längst bekannt, dass in modern geführten Betrieben nicht Kaderleute gesucht sind, die einzelne fachliche Spitzenleistungen erbringen, sondern qualifizierte Fachkräfte, welche konstant gute Arbeit verrichten und mit Menschen umgehen können. Die heutige Gefahr besteht nicht darin, dass Maschinen beginnen, wie Menschen zu denken, sondern, dass Menschen beginnen, wie Maschinen zu denken. Aus diesem Grunde ist es verständlich, dass fachliche Probleme leichter gelöst werden, wenn auch die zwischenmenschlichen Beziehungen stimmen und zwar auf allen Ebenen. Personalführung heisst für den Baustellenchef deshalb nicht nur "Führung der Mitarbeiter", sondern Menschenführung im weitesten Sinne. Der Baustellenchef ist mit dem Zentrum einer Drehscheibe zu vergleichen: Vieles dreht sich um ihn, weil er den ganzen Tag auf der Baustelle und damit immer ansprechbar ist. Nicht selten ist der Baustellenchef eigentlichen Interessenkonflikten ausgesetzt, indem die Ansichten, Vorstellungen und sogar Anweisungen der Beteiligten sich zum Teil widersprechen oder konträr gegenüberstehen. Die Stellung des Baustellenchefs auf der Baustelle kann deshalb mit dem Zentrum einer Drehscheibe verglichen werden und es ist wichtig, dass er alle "Fäden in der Hand behält". Oft besteht die Ansicht, Menschen zu führen sei angeboren und könne nicht erlernt werden. Diese Auffassung ist falsch, denn bis zu einem gewissen Grad ist alles erlernbar. Darüber hinausgehenden Fähigkeiten liegen jedoch Talent, Veranlagung und vor allem: hartes Arbeiten an sich selbst zugrunde. So kann man sich also das Geschick zur Menschenführung, wie übrigens jede andere Befähigung auch, aneignen. Der Lernprozess ist, wie in allen Lebensbereichen, nie abgeschlossen; Vollkommenheit gibt es nicht, weil jeder Mensch vom andern verschieden ist. Die folgenden Ausführungen werden dem Baustellenchef helfen, einige Grundsätze der Menschenführung anzuwenden, damit er sein fachliches Können noch besser anwenden kann. Das Ziel des Baustellenchefs Die Aufgabe des Baustellenchefs ist es, zusammen mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitarbeitern, Materialien, Maschinen und Inventar ein Bauwerk zu erstellen. Dies sollte mit möglichst wenig Aufwand, unfallfrei, in einwandfreier Qualität und im guten Einvernehmen mit allen Beteiligten geschehen. Der grösste Teil aller Baumeisterarbeiten wird unter der Aufsicht des Baustellenchefs ausgeführt. Im Hochbau betragen die gesamten Lohnkosten circa 55 % der Baumeisterarbeiten. Das heisst, der Mensch stellt als Produktionsfaktor die grösste Variable dar. Folglich sollte daraus geschlossen werden können, dass den Mitarbeitern und dem richtigen Umgang mit ihnen die grösste Aufmerksamkeit geschenkt wird und dass die Ausbildung in puncto Menschenführung den breitesten Raum einnimmt. Dem ist bei weitem nicht so. Obwohl das Baumaterial weitgehend genormt ist und für Maschinen auch Sicherheitsvorschriften bestehen, wird in die Ausbildung der fachlichen und technischen Fähigkeiten das 100-fache desjenigen investiert, was für "menschliche Belange" aufgewendet wird. Und damit ist die ganze Problematik der Menschenführung aufgezeigt. Menschenführung, Personalführung, Mitarbeiterführung, überhaupt das menschliche Zusammenarbeiten und Zusammenleben ist so komplex wie das Leben selbst und lässt sich nicht mit ein paar Patentrezepten lösen. Die Ansicht aber: "Entweder man kann es oder man kann es nicht" ist auch keine Lösung, weil sich jeder Mensch weiter entwickeln kann und fähig ist, aus Fehlern zu lernen. Darauf beruht unsere ganze Lebenserfahrung. Im folgenden geht es also nicht darum, vollständiges Wissen und alleingültige Erkenntnisse weiterzugeben, sondern einige Grundsätze für die erfolgreiche Menschenführung aufzuzeigen und Denkanstösse für den Berufsalltag zu vermitteln. Schwierigkeiten des Baustellenchefs bei der Mitarbeiterführung Viele Einflüsse erschweren die optimale Führungsaufgabe des Baustellenchefs beträchtlich: Wechselnde Arbeitsstätten, Produktionsmittel und Objekte Witterung, Jahreszeit Verständigungsschwierigkeiten durch viele fremdsprachige Arbeitskräfte Einsatz von Akkordanten, Abstimmung auf Nebenunternehmer Leistungs- und Termindruck Äussere Einflüsse, wie Baugrund, örtliche Vorschriften, Konjunkturlage etc. Mangel an qualifizierten Fachleuten Menschliche Probleme Damit der Baustellenchef diese Schwierigkeiten zu meistern vermag, ist er darauf angewiesen, dass Bauführer und Geschäftsleitung uneingeschränkt hinter ihm stehen. Er soll die Unterstützung seiner Vorgesetzten anfordern, wenn Vorkommnisse seine Kompetenz oder Fähigkeiten übersteigen. Nebst den äusseren Schwierigkeiten bei der Mitarbeiterführung dürfen auch die inneren, menschlichen Faktoren nicht übersehen werden. Grundbedürfnisse des Menschen, Stellenwert der Arbeit Der Mensch hat viele Grundbedürfnisse, wie z.B. Selbst- und Arterhaltung, Gesundheit, Nahrung, Kleidung, Obdach (körperliche Bedürfnisse), Sicherheit, Anerkennung und Bestätigung, Unabhängigkeit, Kontakt, Betätigung, Selbstverwirklichung und Wunscherfüllung usw.. Wenn nun die "Arbeit" in Beziehung zu diesen Grundbedürfnissen gesetzt wird, stellt man mit Verblüffung fest, dass die Arbeit fast alle diese Bedürfnisse zu befriedigen vermag. Die Arbeit hat fast den höchsten Stellenwert im Leben eines Menschen. Das Arbeitslosenproblem berührt deshalb nicht nur den Erwerbsausfall, sondern den Menschen in seiner Ganzheit und es verwundert nicht, dass sehr viele Arbeitslose krank werden. Mitarbeiter sind Menschen, die Bedürfnisse haben. Für die Befriedigung seiner Bedürfnisse ist der Mensch bereit, beträchtliche Energien freizusetzen. Dieses Potential kann genutzt werden, um die Ziele der Unternehmung zu erreichen. Weil fast alle Menschen aus den gleichen Beweggründen arbeiten, ist die Grundlage jeder Menschenführung (nach oben und nach unten): Den Menschen zu achten und ihm Vertrauen entgegenzubringen. Denn der wichtigste "Produktionsfaktor" im Baugewerbe ist und bleibt der Mensch. Eine kürzlich durchgeführte Studie hat gezeigt, dass die Mitarbeiter in erster Linie erwarten, als Mensch akzeptiert zu werden. Sie wünschen sich Verständnis für ihre beruflichen und persönlichen Probleme. Tipps für die Mitarbeiterführung: - Als Vorgesetzter in erster Linie Mensch sein und als Führer seiner Mit-Arbeiter die Arbeit einfach so gut als möglich machen; mit Herz und Verstand. - Hart und konsequent bleiben, wenn es um die Erreichung der gesteckten Ziele und Qualitätsanforderungen geht; zu allen Beteiligten auf dem Bauplatz im täglichen Arbeitsablauf aber loyal und umgänglich sein. Also: Härte und Loyalität sind das Geheimnis des guten Vorgesetzten. - Dem ganzen Team sein fachliches Können zur Verfügung stellen. Seiner Arbeitsgruppe helfen "Topleistungen" zu erbringen, indem Hindernisse und Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt und alle Tätigkeiten gut vorbereitet werden. Wo diese Grundsätze angewendet werden, arbeiten nicht nur die Vorgesetzten, sondern auch alle Mitarbeiter mit Freude und Zufriedenheit. Unser Beruf muss in Zukunft wieder viel mehr Berufung, ja sogar ein wesentlicher Teil unseres Lebensinhaltes sein; Hobby, berufliche Betätigung und Spiel zugleich. Als Kinder spielten wir im Sandkasten, bauten Burgen, Strassen, Tunnels und Flüsse und waren glücklich dabei. Heute bauen wir im Massstab1 : 1, was noch viel schöner ist lassen wir uns aber den Spass durch die Hetze nicht verderben! Zusammenfassung: Probleme werden leichter gelöst, wenn die zwischenmenschlichen Beziehungen stimmen. Deshalb sollen Kaderleute nicht nur fachliche, sondern auch menschliche Qualitäten aufweisen. Es ist das Ziel des Baustellenchefs, ein Bauwerk mit möglichst wenig Aufwand, einwandfrei, im guten Einvernehmen mit allen Beteiligten, unfallfrei und termingerecht zu erstellen. Bei Schwierigkeiten soll sich der Baustellenchef nicht scheuen, von seinen Vorgesetzten Unterstützung anzufordern. Durch die Arbeit können die meisten Bedürfnisse des Menschen direkt oder indirekt befriedigt werden. Den Menschen zu achten und ihm zu vertrauen, als Vorgesetzter Mensch zu sein und die Arbeit so gut als möglich zu machen, Ziele konsequent zu verfolgen und loyal zu sein, seinem Team zu helfen, Topleistungen zu erbringen sind Grundsätze für eine erfolgreiche Menschenführung. Wenn unser Beruf Berufung ist, bedeutet er Teil des Lebensinhaltes, Betätigung und Bestätigung, Spiel, Hobby und Arbeitszufriedenheit zugleich. Hetze verdirbt den Spass an der Arbeit! Weitere Beiträge zur Menschenführung
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